Modernes People Management braucht Datenkomptenz
In enger Verbindung mit der Datenstrategie der Bundesregierung und der Berliner Erklärung zur Digitalen Gesellschaft hat der Stifterverband seine Data-Literacy-Charta vorgestellt und Datenkompetenz zur Schlüsselqualifikation des 21. Jahrhunderts erklärt. Dabei ist Datenkompetenz wie folgt definiert:
„Data Literacy umfasst die Fähigkeiten, Daten auf kritische Art und Weise zu sammeln, zu managen, zu bewerten und anzuwenden.“ (Stifterverband.org)
Aufgrund der anhaltenden Digitalisierung des Personalmanagements und der zunehmenden Verwendung von Daten hungrigen Technologien (z.B. People Analytics oder der Verfahren des maschinellen Lernens) gehört eine Datenkompetenz nach diesem Vorbild auf die Agenda einer jeden People-Strategie. Einen Überblick über die sinnvolle Nutzung intelligenter HR Technologien findet ihr in meinem Whitepaper. Höchste Zeit sich also zu fragen, wie wir die Datenkompetenz in den Personalbereichen deutscher Unternehmen stärken können.
Bewertung der juristischen Rahmenbedingungen
Die Nutzung von Daten muss den Vorgaben der EU-Datenschutzgrundverordnung folgen. Hierbei stehen vor allem die Voraussetzungen der Datennutzung im Fokus sowie die Verfahren zur Prüfung und Erfüllung dieser Voraussetzungen. Im Personalmanagement sind aber neben diesen Vorgaben auch die Bedingungen des Arbeitsrechts und der damit verbundenen Regelungen der betrieblichen Mitbestimmung zu berücksichtigen. Meine klare Empfehlung: Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Betriebsrat und HR ist das entscheidende Fundament für People Analytics.
Die Nutzung mancher HR-Daten kann z.B. als implizite oder explizite Leistungskontrolle ausgelegt werden. Ich empfehle daher immer die transparente und frühzeitige Einbindung der Mitbestimmungsorgane und die Prüfung durch Datenschutzbeauftragte.
Zur umfassenden HR-Datenkompetenz gehört dann:
Verstehen der juristischen Rahmenbedingungen in Grundzügen
Natürliches Bedürfnis nach Datensparsamkeit
Bevorzugte Verwendung aggregierter oder anonymisierter Datensätze
Transparenz und frühzeitige Zusammenarbeit mit den Mitbestimmungsorganen
Bewertung der ethisch-moralische Implikationen der HR Technologien
Neben den juristischen Rahmenbedingungen hilft es, wenn die beteiligten HR-Professionals die ethisch-moralischen Implikationen der Datennutzung kennen. Einen Überblick über die moralischen Grenzen der KI-Einsatzes im Personalmanagement habe ich in einem anderen Beitrag im Sammelband Zukunft der Arbeit von Nachtwei und Sureth (2020) zusammengefasst. Im Kern geht es um eine moralisch aufgeklärte Haltung zu intelligenter Technologie zur Wahrung der verfassungsmäßigen Grundrechte aller von ihr betroffenen Menschen. Bartneck et al. (2019) folgend müssen KI-basierte Systeme den Geboten der Nicht-Nachteiligkeit, Vorteilhaftigkeit, Autonomie, Gerechtigkeit und Erklärbarkeit genügen.
HR-Datenkompetenz bedeutet dann:
Verstehen der ethisch-moralischen Implikationen von HR Technologien
Bedürfnis nach Wahrung der Grundrechte von Mitarbeiter:innen
Erarbeitung einer Werte-Charta für intelligenten HR Technologien
Transparenz und Einbindung der Mitarbeiter:innen bzgl. verwendeter Technologien
Zusätzlich zur Bewertung dieser Rahmenbedingungen und Implikationen ist ein grundlegendes Verständnis der Sammlung, der Strukturen, der Integration und der Analyse von Daten im Personalmanagement. Das ist leider nicht selbstverständlich, weil HR historisch an einer Zahlenphobie leidet. Insbesondere ein Verständnis für die Analysereife des eigenen Unternehmens und die damit verbundenen statistischen Methoden muss in Grundzügen vorhanden sein. Zusätzlich kann die Rolle der HR Business Partner weiterentwickelt werden, um gemeinsam mit der Fachabteilung die richtigen HR Maßnahmen aus den Analyseergebnissen abzuleiten.
HR-Datenkompetenz bedeutet dann:
Kenntnis von Datenstrukturen und Integrationslösungen
Unterscheidung deskriptiver, diagnostischer und prädiktiver Analysemethoden
Erkennen des eigenen Reifegrads von People Analytics
Nur mit einer Verbesserung der HR Datenkompetenz wird die Reise in die technologische Zukunft der Arbeitswelt erfolgreich sein. Die Kundenlisten einiger fundiert kritisierter Anbieter zeigen, dass die Auswahl von HR Technologien nicht mit der nötigen Datenkompetenz vorgenommen wird. Auch der Hype-freie Umgang mit dem Thema künstliche Intelligenz ist nur möglich, wenn HR Bereiche über die nötige HR Datenkompetenz verfügen.
Wie fördert ihr die Datenkompetenz in eurem People Team?
Quellen:
Bartneck, C., Lütge, C., Wagner, A. R., & Welsh, S. (2019). Ethik in KI und Robotik. Hanser.
Mühlbauer, D. (2018). Die Zeit der Angst ist vorbei. Personalwirtschaft 02/2018
Nachtwei, J., & Sureth, A. (Hrsg.). (2020). Sonderband Zukunft der Arbeit (HR Consulting Review, Bd. 12). VQP. https://www.sonderbandzukunftderarbeit.de
Additional information: This article reflects my personal views only and is not necessarily the view of the companies, I am associated with.
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